40 Jahre Shagya-Araber Zucht
Ingrid Früchtenicht lebt heute in Neuenbrook in Schleswig-Holstein und führt ein Shagya-Araber Gestüt mit ca. 20-30 eigenen Pferden und zusätzlich einigen Pensionspferden. Neben der Zucht haben ihre Shagyas Reitbeteiligungen und werden im Unterricht eingesetzt. Sie erweisen sich hier als vielseitige und zuverlässige Schulpferde, die vor allem mit Anfängern und Kindern besonders vorsichtig sind.
Alles begann 1979 mit dem Kauf der fast 3jährigen Jungstute Sherifa in die sich Ingrid Früchtenicht schon als Fohlen verliebt hatte und die ihr seither nicht mehr aus dem Kopf gegangen war. Obwohl der Zeitpunkt mehr als ungünstig war und sie die Jungstute zuletzt als Fohlen gesehen hatte, kaufte sie das Pferd – unbesehen.
Ingrid Früchtenicht hatte auf einen Milchviehbetrieb eingeheiratet, bekam 3 Kinder und an Reiten war nicht zu denken, also wurde die Stute zunächst zur Zucht eingesetzt. Sie war anders als die Ponys, die sie als Kind hatte - sanfter, freundlicher und vor allem rücksichtsvoller - und sie hatte vor nichts Angst. Als auch ihre Fohlen die gleichen Eigenschaften zeigten, begann Früchtenicht zu ahnen, dass das kein Zufall war. Erst im Laufe der Jahre wurde ihr durch Artikel in Araberzeitschriften klar, dass sie mit ihren Shagya-Arabern nicht nur irgendwelche Araber besaß, sondern dass sie an eine ganz außergewöhnliche Rasse geraten war. Diese Pferde waren nicht nur intelligent, nervenstark und menschenbezogen, sondern offenbar in Verbindung mit einer guten Ausbildung und einem guten Reiter auch noch extrem leistungsstark im Sport und das in allen möglichen Sparten. Von Anfang an setzte Frau Früchtenicht möglichst farbige Hengste ein, die bereits in irgendeinem Bereich besondere Leitungen erbracht hatten. Obwohl die Rasse größtenteils aus Schimmeln bestand, setzte sie sich in den Kopf Rappen zu züchten, die gerade mal 1-2 % der Population ausmachen. Den selbst gesteckten Zeitrahmen von 30 Jahren konnte sie einhalten und hat inzwischen ca. 20% Rappfohlen. Leider ging die Ehe in die Brüche, so dass sie 1993 mit 16 Shagyas auf den Hof von Otto Kölling zog, mit dem sie inzwischen verheiratet ist. Seither befindet sie ihr Gestüt in Neuenbrook.
Entwicklung des Gestüts
Seit über 25 Jahren ist das Shagya-Araber Gestüt von Ingrid Früchtenicht nun in Neuenbrook beheimatet. Dadurch hat sich der landwirtschaftliche Betrieb von Otto Kölling, mit dem Früchtenicht mitlerweile verheiratet ist, von einem ehemaligen Milchviehbetrieb in einen Pferdebetrieb verwandelt. Das alles geschah ganz langsam und entwickelte sich nach und nach. Auch der Tag der offenen Tür Ende September hat inzwischen schon Tradition.
Aus dem Anfangsbestand von 16 Shagyas, mit dem Ingrid Früchtenicht von Klein Wisch nach Neuenbrook zog, ist mittlerweile eine Herde von durchschnittlich 25 Pferden geworden. Neben den Mutterstuten und der Nachzucht stehen inzwischen 3 gekörte Deckhengste auf dem Hof, z.T. aus eigener Zucht. Die alten Anbindeställe für Rinder wurden nach und nach möglichst pferdegerecht umgebaut. Wo möglich wurden Offenställe eingerichtet, vor allem für die Mutterstuten und die Fohlen. Wo das nicht möglich war, wurden die Viehställe überwiegend in Außenboxen, zum Teil mit Paddock, umgebaut. Für die Deckhengste konnten vor 10 Jahren zusätzlich geräumige Hengstboxen mit angeschlossenem Auslauf fertig gestellt werden. Auch der Reitplatz wurde mit einem 160cm hohen Gitterzaun eingezäunt und dient zusätzlich als Auslaufmöglichkeit für die Hengste und im Winter auch für die Pferde, die in Boxen untergebracht sind. Da der eingezäunte Reitplatz einen Durchgang zur dahinter liegenden Weide hat, können die Hengste zumindest stundenweise auch die Weide geniessen.
Neben den eigenen Pferden bietet der Betrieb auch Pensionspferden eine artgerechte Haltung mit viel Weidegang und regelmäßigem Auslauf im Winter, sowie erstklassigem Futter und Stroh aus eigener Produktion. Da mit der Zeit immer deutlicher wurde, dass man auch im Winter eine Trainingsmöglichkeit brauchte, wurde eine Trainingshalle aufgestellt. Die kam nicht nur den eigenen Pferden und deren Reitern zugute, sondern steht auch Reitern aus der Nachbarschaft zur Verfügung. Natürlich freuen sich auch die Besitzer der eingestellenten Pferde über die Möglichkeit bei "Schietwetter" in einer luftigen und trockenen Halle zu reiten. Im Winter wird die Reithalle zusätzlich von einem Hundeverein fürs Wintertaining genutzt. Besonders bewährt hat sich der seit einigen Jahren eingesetzte Wattsand. Er ist nicht nur pflegeleicht und gut zu bearbeiten, sondern bietet den Pferden auch einen optimalen Untergrund. Wattsand braucht keine Zuschlagstoffe, er hält das Wasser länger und friert im Winter durch den natürlichen Salzgehalt nicht so leicht. Die ehemalige kleine Reithalle von ca 8m x 12m wurde als geräumige Putzhalle umfunktioniert und verfügt über ein Solarium zu Trocknen oder Aufwärmen der Pferde.
Neben Ställen, Ausläufen und Halle gehören insgesamt ca 15 ha Wiesen und Weiden zum Betrieb. Diese reichen problemlos als Weiden für die Pferde uns zur Futtergewinnug, auch in sehr trockenen Jahren. Die etwas kleineren Weiden für Hengste und Wallache, sowie die Ausläufe, werden regelmäßig abgeäppelt, um eine vernünftige Weidehygiene zu gewährleisten. Durch kurze Wege ist es möglich alle 30-35 Pferde mit nur 1-2 Personen zu versorgen. Für den Unterricht und die Ausbildung der Pferde konnten sehr gute externe Trainerinnen gewonnen werden. Der Unterricht für Gastreiter, Einsteller und Reitbeteiligungen findet überwiegend als Einzelunterricht oder in kleinen Gruppen mit 2-3 Reitern statt. Dadurch wird nicht nur eine gute Ausbildung für die Reiter sondern auch für die Pferde erreicht, von der später auch die Käufer profitieren. Durch dieses Angebot bietet der Betrieb nicht nur den eigenen, sondern auch den eingstellten Pferden und ihren Besitzern optimale Bedingungen.
Neben dem Betrieb selbst hat sich auch der Alltag in der Zucht in den letzten 25 Jahren sehr verändert. Während Ingrid Früchtenicht in den ersten Jahren ihrer Zucht mit den Stuten über weite Strecken durch ganz Deutschland zu den Hengsten fahren musste, stehen inzwischen vier gekörte Deckhengste auf dem Gestüt. Beides hat Vor- und Nachteile. Solange keine eigenen Hengste vorhanden waren, wurde für die Stuten in ganz Deutschland nach möglichst passenden Hengsten gesucht, die allerdings meist mehrere Hundert Kilometer entfernt standen. Das hatte zur Folge, das Früchtenicht mit jeder Stute zum Decken ein bis zwei Tage unterwegs war, einmal zum Hinfahren und einmal zum Abholen. Jetzt stehen vier eigene Hengste auf dem Hof und die Stuten können bequem zu Hause gedeckt werden. Das spart vor allem Fahrtzeiten und Übernachtungskosten. Natürlich ist die Auswahl bei Nutzung der eigenen Hengste begrenzt, was die Qualität der Fohlen bei der richtigem Apaarung aber nicht mindert. Finanziell sind die eigenen Hengste bisher leider nicht von Vorteil, da die Haltungskosten meist höher liegen als das eingesparte Deckgeld und die Fahrtkosten, jedenfalls solange kaum Gaststuten kommen.
Entscheidend für den Erfolg einer Zucht ist nicht nur die Qualität der Pferde, sondern auch ein gutes Team aus Trainern und Reitbeteiligungen für die Ausbildung und das Training der Pferde. Auch ein guter Schmied und ein guter Tierarzt ist nicht zu unterschätzen. Was von sehr vielen Züchtern jedoch unterschätzt wird , ist die notwendige Werbung, gerade bei seltenen und weniger bekannten Rassen wie dem Shagya-Araber. Gerade fehlende Werbung wirkt sich verherend aus, weil erstkalssige und durchgezüchtete Rassen einfach in Vergessenheit geraten und dadurch nicht mehr gefragt sind. Das trifft auch auf viele andere alte Pferde- und Ponyrassen zu.
Werbung zur Erhaltung der Rasse
Im Laufe der Zeit gab es immer weniger Berichte über Shagya-Araber in den Zeitschriften. Sie gerieten immer mehr in Vergessenheit. Dadurch ging die Nachfrage zurück, die Preise verfielen und die meisten Züchter stellten deshalb die Zucht ein. Mit Artikeln über die Shagya-Araber in verschiedenen Pferdezeitschriften und der Shagya-Araber Broschüre, sowie Auftritten auf Veranstaltungen will sie die Shagyas aus ihrem Dornröschenschlaf wecken und ihnen wieder zu ihrem alten Glanz verhelfen, denn die Shagyas sind einfach nur Traumferde. Auch diesem Ziel kommt sie langsam näher, denn die Nachfrage steigt wieder und die Preise für Shagya-Araber ziehen deutlich an. Sie liegen für gerittene Nachwuchspferde inzwischen wieder bei über 12.000€. Jetzt ist es wichtig, dass die etablierten Züchter ihre Zucht wieder intensivieren und vor allem, dass neue Liebhaber der Rasse in die Zucht einsteigen. Der Zeitpunkt dafür ist optimal, denn sowohl die Nachfrage als auch die Preise steigen. Dem gegenüber steht ein sehr geringes Angebot, das wegen der schwachen Geburtenjahrgänge der letzten Jahre auch nur sehr langsam wieder ansteigen kann.
Um die Zucht in Neuenbrook zu erhalten und auch andere, vor allem neue Züchter zu gewinnen und zu unterstützen haben wir den Shagya-Araber Zucht-und Sportverein e.V. gegründet. Zum Vereinskonzept gehört u.a. die Verpachtung der Zuchtstuten des Vereins, um neuen Züchtern den Einstieg in die Zucht zu erleichtern.
mehr unter www.shagya-zucht.de
Ingrid Früchtenicht
Shagya-Araber Zucht-und Sportverein e.V.
Gestüt Neuenbrook
Ingrid Früchtenicht
Ost 21
25578 Neuenbrook
Tel: 04824-2127
Hengste: Bashir, Balou, Energy